Donnerstag, 11. Juli 2002

Walser und Kirchhoff

nur, daß Jan Phillip Reemtsma (beispielsweise) darauf nicht reagiert, das müßte er doch tun, nachdem er die Darstellung von mächtigen Nasen in einen ganz bestimmten Geruch gebracht hat.
Reagiert hat - Gerüchten zufolge - der Großkritiker selbst. Er soll bei der Frankfurter Verlagsanstalt angerufen und gefragt haben, ob es stimme, daß in dem Kirchhoff-Roman ein Kritiker umgebracht werde. Als dieses bejaht wurde, soll der Großkritiker gemeint haben, dann handele es sich in jedem Fall um einen miserablen Roman.
Man kann nun sagen, bei Kirchhoff geschehe alles aus Versehen, bei Walser mit Absicht, aber die beiden Romane unterscheiden sich wie Tag und Nacht. Walser ist, sagen wir, Zimmertheater, Kirchhoff eher Weltbühne. Beides sind, meiner Einschätzung nach, notwendige Bücher, um einmal das "Sizilianische des Literaturbetriebs" (Kirchhoff), dieses Hintertreppentheater zu thematisieren.

Walser und Kirchhoff
Den walsergeschockten, walserverwirrten, walserenttäuschten, walsererzürnten usw. Kollegen möchte ich unbedingt die Lektüre von Kirchhoffs "Schundroman", zum Vergleich sozusagen, ans Herz legen. Aber Vorsicht: auch bei Kirchhoff wird ein Großkritiker ermordet (aus Versehen), und auch bei Kirchhoff kommt ein antisemitisches Klischee vor: die mächtige Nase des Großkritikers, die ihm eingeschlagen wird. Seltsam ...

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