Freitag, 3. Juni 2005

Oliver Gassner stellt tExtra.Touren vor



Museum für Literatur am Oberrhein: Oliver Gassner mit 'textratouren'

Prinz-Max-Palais - Dienstag, 07.06 | 20.00 Uhr | Eintritt: 4.- / 3.- EUR (Mitglieder der Literarischen Gesellschaft 2.- EUR)



Neben Lyrik und Kurzprosa stellt Oliver Gassner experimentelle Arbeiten vor, die er auf der CD-ROM tExtra.Touren veröffentlicht hat: "Neben den bekannten Projekten für das Internet, die mit textuellen und audiovisuellen Elementen arbeiten, umfasst die hyperliterarische Edition auch frühere mail- und copy-art-projekte sowie Tonaufnahmen von Lesungen. die Arbeiten Gassners leisten eine Art media-hacking. mit einfachen Mitteln wird das Medium aufgebrochen, um seine Verfahrensweisen zum Vorschein zu bringen. Gassner initiiert eine neue Poetik des Schreibens unter Netzbedingungen, die den Sprachgebrauch aufbricht." (aus dem Begleittext der CD).

Oliver Gassner, geboren 1964, arbeitet als Autor, Journalist und Dozent; seit 1989 Herausgeber der Literaturzeitschrift Wandler. Seine Arbeiten wurden ausgezeichnet mit dem „Silbernen Pegasus 1997" (IBM/DIE ZEIT) und dem Internet-Literaturpreis „dtv/T-Online 2003“ für die Gemeinschaftsarbeit "absolute wreaders" ausgezeichnet.

Mittwoch, 1. Juni 2005

Über die Liebe und ihre Lügen

Worum geht es? Um maßlose Zärtlichkeit, unvergleichliche Rituale, exzessive Lust, selbstquälerische Eifersucht, mörderische Gewalt - kurz und gut, um eine einzigartige, große Liebe. Klara, Protagonistin des Buches, glaubt es mehr als zehn Jahre lang. Dass Wolf, der Geliebte, verheiratet ist, nicht gerade beglückend für sie und mit der Zeit immer beklemmender. Aber irgendwann wird es vorüber sein. Er verspricht es, gelobt, schwört. Sie glaubt ihm, denn sie liebt ihn. Immer aussichtsloser, immer verzweifelter.

Irgendwann taucht Margret auf, seine Frau. Unerwartet, bedrohlich, diese Begegnung. Ihre verschwörerische Nachricht lautet: Er hat eine neue Geliebte – drei Jahre lang schon! Sie liefert Beweise. Ein vager Bund entsteht zwischen ihr und Klara, eine Verschwisterung der Not.

Wolf verändert sich. Kleine Anzeichen gab es seit langem. Jetzt aber, sehenden Auges, werden sie deutlicher. Sie sind hinterhältig, gewaltvoll, ja lebensgefährlich. Flucht wird nötig, psychisch und räumlich. Klara fährt auf die Krim, versucht, berstend vor Unglück, die Abnabelung. Eine kurze sexuelle Beziehung zu einem anderen Mann, der an eigenem Elend gewachsen ist, hilft ihr dabei.

Zurück in Berlin, wieder Wolf: Seine Rose, sein Brief - diese klagenden, schönen Sätze. Immer noch ist er da. Den Schlusspunkt schließlich setzt

Margret mit ihrer Anzeige in der Zeitung...

Der Text vermittelt eine Art von Erschütterung, die auf etwas Bekanntes, etwas Ungeheuerliches hinweist, nämlich den Fall der jungen französischen Schauspielerin Marie Trintignant, die im Sommer 2003 von ihrem verheirateten Geliebten in einem Anfall rasender Eifersucht zu Tode geprügelt wurde.

Überhaupt scheint das Buch insbesondere für Frauen einen erheblichen Wiedererkennungseffekt zu haben. Kein Wunder, wenn jede Dritte hierzulande laut Statistik eine „Dreierbeziehung“ erlebt und erlitten hat.

Unterschiedlich zwar aber das Grundmuster gleicht sich. Berauschende Stunden der Lust, Heimlichkeiten und Lügen, maßlose Eifersucht, hinhalterische Versprechen und quälerischen Einsamkeit. Und am Ende schließlich – falls sie nicht vorher entkommen kann - sein beiläufiges: „Adieu - es war schön. Aber es geht leider nicht“.

Und obwohl diese unglücklichen Ausgänge vorauszusehen sind, scheinen sie den Reiz des Geheimnisvollen, Unerlaubten, Gauklerischen einer solchen Affäre nicht zu beeinträchtigen – das gilt für Frauen wie für Männer. Wobei die Frau, von Natur aus reichlicher ausgestattet mit Zuversicht, Geduld und Hingabe, oft auf eine Lebenslösung hofft. Der an Sicherheit orientierte männliche Partner hingegen ist selten bereit, das Gewohnte, Eingerichtete, Abgesicherte seiner familiären Situation für eine Geliebte aufzugeben. Die ménage a trois zerbricht schließlich an sich selbst.

Das alles mag sich in der Realität einfacher, geradliniger, vielleicht

auch weniger obsessiv zutragen als in dieser kunstvoll gestrickten, genauso dramatischen wie skurrilen Romangeschichte. Aber gerade dieses von der Autorin raffiniert gesponnene Geflecht aus Gewalt und Zärtlichkeit, Erpressung und Willfährigkeit, Hörigkeit und Überdruß bindet den Leser unausweichlich in die Handlung ein und lässt ihn bis zum überraschenden Ende nicht wieder los.

„Margrets Mann“ ist das zehnte Buch, der aus Brandenburg stammenden Autorin. Der geographische Aspekt bringt es mit sich, dass das Buch, das in den achtziger Jahren in Ostberlin spielt, zwar unaufdringlich aber unübersehbar neben dieser sehr intimen, obskuren Liebesgeschichte auch das ganz normale Leben in der DDR spiegelt.

H.-B. Ulrichs erster Band „Schmerzgrenze“ (Dietz 1990) über Frauenschicksale in der DDR erregte Aufsehen und machte ihr Mut, in diesem Metier weiter zu arbeiten. So waren es hauptsächlich literarisch ambitionierte Porträts und Reportagen, die sie als freischaffende Autorin für große Zeitungen und Magazine schrieb. Sie brachten ihr neben anderen Auszeichnungen den renommierten Egon-Erwin-Kisch-Preis. Die vielschichtige Biographie ihrer Tochter „Zuhause ist kein Ort“ (Ullstein 2000) wies dann eindeutig den Weg zu ihrem ersten Roman, der mit „Margrets Mann“ nun vorliegt.

Der ORLANDA-Verlag, bekannt insbesondere durch sein auf Frauenprobleme spezialisiertes Sachbuchprogramm, hat den sehr schön ausgestatteten Band herausgebracht. Unter Herausgeberschaft und Lektorat von Ingeborg Mues eröffnet er die neue Belletristik-Reihe des Verlages: DIE EDITION. Der Auftakt ist auf alle Fälle vielverheißend.



© Ulrike M. Dierkes

Ein faszinierendes Romandebüt von Holde-Barbara Ulrich



Von Ulrike M. Dierkes



„Margrets Mann“ – ein Roman über die Liebe. Um genauer zu ein, über die Liebe, ihre Lügen und ihre Gewalttätigkeit. Und genau das ist es, dieser Zusatz, der das neue Buch der Berliner Autorin Holde-Barbara Ulrich für den Leser zu einem zutiefst

erregenden und bis zum Schluss fesselnden literarischen Ereignis macht. Die Spannung, die die Autorin von der ersten Seite an aufzubauen vermag, getragen von ihrer sensiblen, höchst präzisen, bildhaften Sprache lassen Trivialität, für die Romane dieses Genres im allgemeinen anfällig sind, nicht zu.

Montag, 23. Mai 2005

Ausschreibung 2. literarischer Stadtschreiber/in in Ehingen/Donau

Der Ehinger Stadtschreiber erhält von der Stadt ein monatliches Salär
von 1.000 Euro, dazu freie Kost und Logis im Kolleg St. Josef, einem
von der Diözese Rottenburg-Stuttgart getragenen katholischen Internat.
Vom Stadtschreiber erwartet wird die Bereitschaft, während seines/ihres
Aufenthalts sich – in Absprache mit dem Kulturamt – in das kulturelle
Leben der Stadt einzubringen (beispielsweise in Form von Lesung(en),
Schullesung(en), Vortrag, literarische Schreibwerkstatt, Mitarbeit an
Schüler- bzw. Kollegzeitung, literarische Reflexion auf die Zeit / das
Leben in der Stadt etc.), sich also in irgendeiner Weise mit ihr in
Beziehung zu setzen. Erwartet wird ferner im Prinzip eine regelmäßige
Präsenz vor Ort, soll heißen: evtl. Lehr- und sonstige regelmäßige
Verpflichtungen am Heimatort, die Pendeln nach sich zögen, sollten für
die Dauer der Stadtschreiberei ruhen.





Der Stadtschreiber wird für die Dauer seines Aufenthalts im Kolleg St.
Josef wohnen und ist dadurch – wenn auch als Gast – in den
Internatsbetrieb (Studienheim, Konvikt, Ambrosianum) von insgesamt ca.
80 Schülerinnen und Schülern im Alter zwischen 11 und 22 Jahren und ca.
12 Erziehern/Betreuern mehr oder weniger eingeklinkt. Die Teilnahme an
den geregelten Mahlzeiten ist erstens jederzeit möglich, und zweitens
überaus erwünscht. Nicht erwartet wird die Teilnahme an kirchlichen und
sonstigen hausinternen Veranstaltungen (was aber durchaus möglich
wäre), jedoch Toleranz gegenüber der christlichen Zielsetzung des
Hauses sowie eine gewisse Offenheit für die Anliegen der Schüler/innen.
Der Stadtschreiber soll nach den Vorstellungen der Kollegsleitung ein
integraler Bestandteil im kulturellen Leben des Hauses sein.





Das Kolleg besitzt ein eigenes Freibad mit Liegewiese, eine nicht zu
kleine Sporthalle, eine Schreiner- und Töpferwerkstatt, Computerräume
mit Internet-Zugang, Etagenküchen, eine Hausbar (für die über
16jährigen), hauseigenen Schreibwaren- und Getränkeladen, anläutbare
Telefonzellen, eine alte historische Bibliothek mit Raritäten und
Kostbarkeiten insbesondere aus dem theologischen Bereich sowie eine
komfortable und beachtenswerte neuere Bibliothek, verschiedene
Musikräume (vier Klaviere) und eine Hauskapelle (mit Orgel). Sofern
Interesse besteht, können im hausinternen Unterricht des
Ambrosianerkollegs, besucht von künftigen Theologiestudenten/innen,
alte Latein-, Griechisch- und Hebräischkenntnisse wieder aufgefrischt
werden. Rauchen im Hause ist strikt verboten (Rauchmelder an jeder Ecke
alarmieren die hausinterne und die städtische Feuerwehr!), in der
Raucherecke außer Haus aber jederzeit gestattet (für über 16jährige).
Neben dem Direktor ist der fußballbegeisterte Hausmeister die
wichtigste Person im Kolleg.





Die Stadt Ehingen ist nicht nur geprägt von „Schleckerland“ und
Liebherr (Baukräne), sondern zeichnet sich neben seinen fünf - davon
vier katholischen - Kirchen (z.T. architektonische Besonderheiten) mit
ihrem konkurrierenden samstagnachmittäglichen Sonntageinläuten (exakt
zwischen 17.00 Uhr und 17.18 Uhr) und seinem kleinen aber feinen
Kulturprogramm (vornehmlich im Kulturzentrum „Franziskanerkloster“, in
dem auch der Hauptteil der VS-Sommertage stattfinden wird) auch durch
seine hohe Wirtshausdichte, drei noch im Betrieb sich befindliche
Brauereien und herbstliche Nebel aus. Kebab-Buden gibt es mindestens so
viele wie Schlecker-Filialen und kopftuchtragende Mädchen und Frauen,
der „Chinese“, bekannt bis ins benachbarte Bayern, ist berühmt für
seinen preiswerten und dennoch sehr feinen Mittagstisch. Legendär die
gepfefferte Hausmacher Schwarzwurst von Metzgermeister Götz, ebenso das
dunkle „Rößle“-Bier von der gleichnamigen Brauerei und die Seelen der
Bäckerei in „Bucks’ Höfle“ sowie die Freundlichkeit der meist
blondgelockten Bäckerei-Verkäuferinnen schon am frühen Morgen, über ein
hohes Renommee verfügt die Urologische Abteilung im Städtischen
Krankenhaus. In der direkt neben das Kolleg gebauten „Lindenhalle“
halten Baden-Württembergs „Grüne“ alljährlich ihren Landesparteitag ab.
(Der GRÜNEN-Politiker Oswald Mezger begann seine politische Karriere
nach seinem Rauswurf aus dem Ehinger Konvikt.) Die Jazz-Nacht Ende
Oktober ist ohne Sperrstunde in den Lokalen. Die Lokalausgaben der
„Schwäbischen Zeitung“ und der Ulmer „Südwestpresse“ stehen in
unmittelbarer und fruchtbarer Konkurrenz zueinander, der Besitzer der
„Schwäbischen Zeitung“, ein äußerst literaturinteressierter und
belesener Mensch, fungiert gleichzeitig als verantwortlicher
Kulturredakteur. Zwischen „St. Blasius“ (Stadtpfarrkirche) und dem
„Deutschen Kaiser“ (etwas heruntergekommene Bier- und Vesperkneipe,
stark frequentiert von den Konviktoren, Bierpreis: 1,70 € je halben
Liter) befindet sich das wohl schiefste Haus Baden-Württembergs,
zumindest muß es einem gelegentlich so vorkommen. Das Ehinger
Top-Ereignis eines jeden Jahres: die Fronleichnamsprozession
(allerdings schon Anfang Juni). Goethe, der auf dem Rückweg von seiner
ersten Italienreise, 1788, Ehingen – bevor er bei Blaubeuren zur
Schwäbischen Alb hochfuhr – mit der Postkutsche zumindest streifte,
nannte die Stadt einen „merck-würdigen Orth“.





Die Zug- und Autoentfernung nach Ulm beträgt gleichermaßen eine knappe halbe Stunde, ebenso die nach Biberach.





Bewerben können sich ausschließlich Mitglieder des VS Baden-Württemberg
unter Einreichung ihrer Biobibliographie (unbedingt schriftlich per
Post, keinesfalls per E-Mail!), und zwar an:





VS Baden-Württemberg


c/o Josef Hoben


Flöttlinstorstr. 20


78628 Rottweil





Ende der Bewerbungsfrist: 30. September 2005



Mitgliedern des VS Baden-Württemberg wird die Möglichkeit geboten, sich
um die Stelle eines literarischen Stadtschreibers/in in der zwischen
Biberach und Ulm gelegenen Kreisstadt Ehingen a.d. Donau (ca. 25.000
Einwohner) zu bewerben. Dauer des Aufenthalts: drei Monate, von ca.
Mitte Januar bis Mitte April 2006. Die Auswahl unter den eingehenden
Bewerbungen wird gemeinsam vom VS-Vorstand, der Stadt Ehingen
(Kulturamt / VHS) und dem Leiter des Kollegs St. Josef getroffen.


Ausschreibung 6. literarischer Stadtschreiber/in zu Rottweil

Der Rottweiler Stadtschreiber erhält von der Stadt ein monatliches
Salär von 1.000 Euro, dazu freie Kost und Logis im Bischöflichen
Konvikt. Vom Stadtschreiber erwartet wird die Bereitschaft, während
seines Aufenthalts bei kulturellen Anlässen der Stadt mitzuwirken und
eine vom Konvikt, den städtischen Schulen und interessierten Kreisen
der Bevölkerung getragene literarische Schreibwerkstatt zu betreuen.





Dem Stadtschreiber wird für die Dauer seines Aufenthalts in Rottweil
ein geräumiges Wohn- / Arbeitszimmer mit Blick auf die Alb im
historischen Gebäude des altehrwürdigen Konvikts kostenfrei zur
Verfügung gestellt. An den geregelten Mahlzeiten der Schüler
(Frühstück, Mittagessen, Abendessen) im Refektorium darf er sich als
ständiger Gast des Hauses jederzeit beteiligen. Nicht erwartet wird die
Teilnahme an kirchlichen und sonstigen internen Veranstaltungen, jedoch
Toleranz gegenüber der christlichen Zielsetzung des Hauses sowie eine
gewisse Offenheit für die Anliegen der Schüler/innen.





Der Stadtschreiber soll nach den Vorstellungen der Konviktsleitung ein
integraler Bestandteil im kulturellen Leben des Hauses sein. Sture
Residenzpflicht besteht nicht, aber eine Regelmäßigkeit in der Präsenz
(z.B. Teilnahme an den Mahlzeiten) ist erwünscht. Mit den bisherigen
Rottweiler StadtschreiberInnen (Rainer Wochele, Franco Supino, Iris
Lemanczyk, Martin von Arndt, Sabine Reber) wurden die Erwartungen
sowohl des Konvikts als auch der Stadt in herausragender Weise erfüllt.





Bewerben können sich ausschließlich Mitglieder des VS Baden-Württemberg
unter Einreichung ihrer Biobibliographie (schriftlich, nicht per
E-Mail!), und zwar an:





VS Baden-Württemberg


c/o Josef Hoben


Flöttlinstorstr. 20


78628 Rottweil





Ende der Bewerbungsfrist: 30. Juni 2005



Mitgliedern des VS Baden-Württemberg wird die Möglichkeit geboten, sich
um die Stelle des sechsten literarischen Stadtschreibers in Rottweil zu
bewerben. Im Wechsel mit dem Schweizer Schriftstellerverband entsendet
der VS Baden-Württemberg eine/n vom VS-Vorstand, der Stadt Rottweil und
dem Bischöfl. Konvikt Rottweil ausgewählte/n Kandidaten/in für die
Dauer von drei Monaten in die älteste Stadt Baden-Württembergs,
literarisch auffällig geworden durch die dort alle zwei Jahre
stattfindende Deutsch-Schweizer Autorenbegegnung, in diesem Jahr
bereits zum elften Mal.


Mittwoch, 11. Mai 2005

Kurzgeschichten & Plattenversteigerung




Im „PlattenBau“, Böheimstraße 1a (Am Marienplatz) in Stuttgart,
lesen
Martin von Arndt,
Jochen Weeber und Carsten Piper am 21. Mai ab 20.30 Uhr Prosatexte und Lyrik, in denen Songs diverser Pop- und
Rockgrößen eine Rolle spielen. Wem Text und dazugehöriger Song gefällt, kann im
Anschluss Text und LP/CD zusammen ersteigern. Alle Generationen willkommen!




„Poesie United!“ - Internationale Slam- und Performance-Poetry-Show am 27.05.05 im Neuwerk

Gemeinsam mit dem „jungen Wilden“ seiner Zunft, Tobias Hoffmann aus Hamburg, trifft die Gallionsfigur des deutschsprachigen Poetry Slams, Wehwalt Koslovsky aus Hamburg, auf zwei der begnadetsten und atemberaubendsten Performer, die derzeit auf den internationalen Slam-Bühnen zu bestaunen sind: Regie Gibson aus Boston, der Jimi Hendrix unter den Poeten, sowie der New Yorker Spoken Word-Tausendsassa Ben Porter Lewis. Neu dabei beim „Performance-Poeten-Pack“ ist auch Antoine Faure, der amtierende französische Slampoetry-Champion.



Alle fünf Gäste der Dichternacht sind Meister ihres Faches und könnten doch unterschiedlicher nicht sein. Die literarischen Ursprünge, denen sich jeder der Fünf gemäß seiner jeweiligen Biographie verpflichtet fühlt, sind – vom gemeinsamen Ansatz beim „Sprechgesang“ abgesehen – ziemlich unterschiedliche. Was allein ausreicht, um ein Spielfeld, einen Spannungsraum abzustecken, in dem sich die Dichter nach Herzenslust ausleben und ihr Publikum verzaubern können.



Der Ravensburger Tobias Hoffmann ist bekannt als „junger Wilder“ der deutschen Lyrikszene. Der entwirft in seinen Texten erschreckende und mitreißende Szenarien – Traumwelten, die manchmal bedrückend real erscheinen. Seine Hasstiraden, Abgesänge, Sex- und Liebegedichte wecken – durchaus gewollt – Assoziationen sowohl mit der US-amerikansichen Beatliteratur als auch mit Autoren wie Ernst Jandl. Hoffmann lässt sich von der Sprache treiben, schneidet Texte auseinander und setzt sie neu zusammen, so dass bizarre Schnappschüsse, sinnierend-poetische Sprachbilder oder treibende, ruhelose Assoziationsketten entstehen. Der umtriebige 24-jährige ist Mitbegründer und Herausgeber der „Edition Kulturbremse“, Veranstalter und Moderator von Lesungen sowie Musiker. Hoffmann, jüngst mit dem Ravensburger Literaturpreis ausgezeichnet, veröffentlichte vor wenigen Wochen seinen ersten Gedichtband „asphaltpoeten“ bei der Lyrikedition 2000.



Ähnlich wie Hoffmann begründet auch der Wahl-Hamburger Wehwalt Koslovsky seine Ästhetik auf einer eigenwillig Beat-lastigen Synthese aus oppulent-verspieltem Ausdruck und einer in erster Linie klassisch-romantisch geprägten Gedankenwelt. Mit seinen von dichter Atmosphäre und Dramatik geprägten Wortperformances konnte der Begründer des Poesie-United-Ensembles unzählige Slams, darunter auch den „National Poetry Slam“ 1998 für sich entscheiden. Derzeit ist er hauptsächlich im Auftrag der Robert-Bosch-Stiftung unterwegs, um die „Tschechische Bibliothek“, einen Wegweiser durch die Literatur und Kultur unserer Nachbarn, vorzustellen.



Auf ganz andere Traditionen beziehen sich die beiden Gäste aus den USA, die auch schon bei der letzten Poesie-United-Tour dabei waren. Milo Martin (Los Angeles) und Ben Porter Lewis (Ithaca) veredeln Whitmans Prinzip vom „freien Vers“, indem sie ihm jede Menge Blues und Jazz injizieren und somit – vom Amerikanischen einmal abgesehen – einen völlig anderen „Sound“ kreieren. Der Klang bestimmt den Gehalt und die Bewegung im Erzählen besitzt stets einen liedhaften Grundcharakter, was die beiden zu echten Barden werden lässt - wobei Lewis sich auch für gelegentliche Ausflüge ins Grenzland zum Rap nicht zu schade ist.



Der fünfte im Bunde, Antoine Faure aus Paris, gewann im letzten Jahr den „Grand Slam“ und darf sich seitdem mit dem Titel des besten französischen Slampoeten schmücken. Mit seinen rhythmischen und melodiösen Gedichten, vorgetragen mit vollem Körpereinsatz, begeisterte er bei seinem Auftritt beim „German International Poetry Slam“ im letzten Jahr im Theaterhaus Stuttgart auch diejenigen Zuschauer, die der französischen Sprache nicht mächtig waren.



Mit den neuen Gesichtern verändert sich auch das Programm von Poesie United – und das nicht nur in sprachlicher Hinsicht. So werden die Poeten nicht nur ihre Einzeltexte vortragen, sondern auch mehrsprachige Team-Performances auf die Bühne bringen.



Vorverkaufskarten für „Poesie United“ sind in der Buchhandlung Zur Schwarzen Geiss erhältlich. Die Veranstaltung beginnt um 21 Uhr, Einlass ist ab 20 Uhr. Wie bei den Sprechstation-Veranstaltungen üblich, findet im Anschluss an die Poetry-Show eine Party statt. An den Plattenspielern steht DJ t., gespielt wird Funk aus den Sixties.



Weitere Informationen im Internet unter http://www.sprechstation.de

Zu einem mehrsprachigen Gipfeltreffen des gesprochenen Wortes kommt es am Freitag, den 27.05.05 im Rahmen des Festivals „ZuTexten und LeerLesen“ im Konstanzer Neuwerk.



„Poesie United“ ist der Titel eines internationalen Poesie-Ensembles, in dem sich fünf der besten Slam- und Performance-Poetry-Künstler aus Frankreich, Deutschland und den USA zusammengeschlossen haben. Nachdem sie bereits auf ihrer letzten Europa-Tour Gast im Konstanzer Stadttheater waren und dabei auf ein begeistertes Publikum trafen, machen sie auch auf ihrer aktuellen Tournee in neuer Zusammensetzung Halt bei der sprechstation.

Montag, 9. Mai 2005

„Asthmatische Kanarienvögel“

Eine Nasenflöte ist ein eher primitives Blasinstrument, nicht mehr als ein künstlicher Kanal aus Plastik mit einer schmalen Öffnung, an der sich austretende Luftverwirbelungen schneiden. Sie wurde vermutlich von pfiffgen Andenhirten ersonnen und ist mittlerweile für ein paar Cent im Spielwarenhandel erhältlich. Die musikalischen Möglichkeiten dieses Instruments überschreiten kaum die des gemeinen Gepfeifes mit geschürzten Lippen: Ein präzises Anstimmen von Tempo und Höhe der Pfeiftöne ist nahezu unmöglich.

Der Nasenflötist verfügt aber aufgrund des erweiterten Resonanzvolumens über einen größeren Dynamikspielraum - mit einer popeligen Nasenflöte lassen sich selbst gestandene Konzertposaunisten in Grund und Boden trällern. Das musikalische Potential des „Digeridoo des kleinen Mannes“ (spex) erkannte erstmals sechs nicht mehr ganz so junge Männer aus der Berliner Kunst- und Literaturszene rund um den Kultautor Thomas Kapielski. So schlossen sie sich Mitte der Neunziger zum „Original Oberkreuzberger Nasenflötenorchester“ zusammen, um auf dem Instrument fortan Klassiker der Trivial- und Hochkultur (von Bach bis zum Schlumpflied) einer neuen Interpretation zu unterziehen. Das Riechkolben-Ensemble ist inzwischen auf 10

Personen angewachsen und tritt in immer wieder wechselnder Zusammensetzung, u.a. zusammen mit Harry Rowohlt oder Stereo-Total-Mitglied Brezel Göring, auf. Auch zwei Tonträger sind inzwischen erschienen: das Debütalbum „Kuschelrotz“ sowie „Stille Tage in Rüsselsheim“ (Zweitausendeins-Verlag).



Die Live-Auftritte der Nasenflöten, welche zuweilen durchaus die Grenzlinie des guten Geschmacks streifen, rufen durchaus kontroverse Reaktionen hervor. Als „Truppe geschmacklos flötender Männer“ wurden sie von der BILD-Zeitung bezeichnet, die klinge wie ein Schwarm „asthmatischer Kanarienvögel“. Andere finden das Nasenflötenorchester einfach „umwerfend komisch“ (Neue Mittelland Zeitung). Zum Repertoir der Berliner gehören u. a. Apache, Tip Toe, Der 3. Mann, Zorbas The Greek, Je t'aime, My Way, Fever, Beethovens 5. (Auszüge), For A Few

Dollars More, Somewhere over the Rainbow und Fever.



Das Konzert der „ältesten Boygroup der Welt“ (Selbstbezeichung) findet im Rahmen des ersten sprechstation-Frühschoppens mit Weisswurst und Bier im Klimperkasten statt. Thomas Kapielski löst mit dem Auftritt ein Versprechen – oder eine Drohung? - ein, dass er den Konstanzern bei seiner Lesung im Herbst vergangenen Jahres gab:

„Ich komme zurück, aber dann bring ich die Nasenflöten mit“. Das Konzert und die Frühschoppen beginnen um 12 Uhr. Vorverkaufskarten gibt es ausnahmsweise nicht, eine Reservierung ist jedoch auf der Homepage www.sprechstation.de möglich.



Weitere Informationen: http://www.sprechstation.de

Thomas Kapielskis Nasenflötenorchester beim Frühschoppen am 22.05.05



Nach dem Auftritt des Schaffhauser Slampoeten Gabriel Vetter geht es weniger Stunden danach im Konstanzer Klimperkasten direkt weiter mit einer weiteren sprechstation-Veranstaltung, diesmal allerdings der eher ungewöhnlichen Art: Der Berliner Kult-Autor Thomas Kapielski kommt am Sonntag, den 22.05.05 um 12 Uhr mit dem 10-köpfigen „Original Oberkreuzberger Nasenflötenorchester“ zum ersten Klimperkasten-Frühschoppen der sprechstation.