Samstag, 3. August 2002

Unterschriftenaktion gegen die Streichung der Zuschüsse für Literaturzeitschriften in Baden-Württemberg

Am 27. März hat das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst in Baden-Württemberg den vier Literaturzeitschriften im Land mitgeteilt, dass nach Abschluss der Haushaltsplanungen ,,die vom Land bisher aus Wettmitteln vorgenommene Förderung von Literaturzeitschriften eingestellt werden muss."

Begründung: Die Zeitschriften arbeiteten nicht rentabel, in Zeiten des Internet benötige man sie nicht mehr und irgendwo müsse halt leider gespart werden. Gleichzeitig schmückt sich das Land mit der Behauptung, dass die Literaturförderung in Baden-Württemberg ,,traditionell die größte und differenzierteste" sei, und stattet einen ,,Literatursommer" mit 330 000 EUR aus. Bei der Subvention der Literaturzeitschriften handelt sich um einen Betrag von insgesamt 20 000 EUR im Jahr: bis 2001 erhielten Allmende, exempla, Literaturblatt und Wandler jeweils 5 000 EUR, sie können zum großen Teil ohne diese Unterstützung nicht überleben. Die Unterzeichnenden protestieren gegen diese Streichung, die der Literaturszene einen großen Schaden zufügt: gerade jüngere, unbekannte Autorinnen und Autoren haben ohne Literaturzeitschriften keine Chance zur Veröffentlichung.

Unterschriftenaktion gegen die Streichung der Zuschüsse für Literaturzeitschriften in Baden-Württemberg
Eine Unterschriftenliste mit 852 Namen aus der Literatur- und Kulturszene des Landes ging in diesen Tagen an Ministerpräsident Erwin Teufel, der mit einem offenen Brief aufgefordert wird, die Streichung der Zuschüsse für die baden-württembergischen Literaturzeitschriften zurückzunehmen. Der Brief hat folgenden Wortlaut:

9 Kommentare:

  1. Fest steht, dass die Wahrheit mal wieder irgendwo dazwischen liegt. Die Allmende hat leider in den letzten Jahren angeblich immer weniger Leser gehabt (lag's an Isele?), der Wandler hat viele Honorarabos, aber wohl nur wenige "echte" Käufer, das Literaturblatt veröffentlicht einen Feigenblatt-Autor aus Bawü pro Ausgabe und könnte wohl ohne Zuschüsse überleben, und die Exempla ist unter aller Kanone - die Literaturszene in Baden-Württemberg kann sich damit wahrlich nicht schmücken. Unsere Schülerzeitung in den 80er-Jahren war da schon professioneller. Andererseits ist es richtig: Wir brauchen die Literaturzeitschriften. Ich lese Allmende, Literaturblatt und Wandler gerne und regelmäßig und entdecke immer wieder wunderbare Texte und Autoren. Ohne Literaturzeitschriften wäre aus manchem Autor nichts geworden.

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  2. Isele:

    Isele hat die Allmende technisch produziert, (wie auch einige Jahre lang den "Wandler" - nicht zu dessen in beider Wortsinne 'materiellem' Nachteil). Redaktionell hatte KLaus Isele auf den Wandler keinerlei Einfluss, und ich gehe davon aus, dass das auch bei der Allmende so war.



    Käufer:

    Wandler hatte eigentlich seit Jahr 3 seines Bestehens etwa gleich viele Käufer. Die Landesföerderung - so hab ich das auch verstanden - hat uns ermöglicht den AutorInnen 'Honorare' in Form von (bei Lesungen verkäuflichen) Freiexemplaren und ('autorenbindenden' und damit Qualitätsfördernden) Honorarabos zur Verfügung zu stellen. Gelichzeitig konnten wir auch PR für Literatur in udn aus BAWü machen, indem wir den wandler an andere Zeitschriften, autoren und Kulturinstitiutionen im deutschprachigen Bereich Europas streuen konnten.

    Gerade in der Internet-Phase ab 1996 ergab das nicht selten Kontaktanfragen, dei wir gerne 'durchgereicht' haben.



    Die Magazine:

    Über die QualitätEN der einzelnen Zeitschriften mag ich eigentlich jetzt nicht reden. Ich denke, dass jede Zeitschrift ein gewisses Publikumssprektum abdeckt.



    Aber was ganz anderes:



    Hatte denn jede/r der über 800 UnterzeichnerInnen zumindest eine der Zeitschriften zahlend abonniert?



    Wären es nur 2/3 davon, so würden wir diese Diskussion gar nicht führen.



    Das ist es, was mich an dieser Zahl 'eigentlich' ärgert.



    Die Zeitschriften brauchen nämlich ernsthaft Unterstützung:



    * durch (gute) Texte auch von bekannteren AutorInnen (als Absatzargument)

    * durch Mundpropaganda

    * durch Unterstützung via Abos und Werbung (man kann ja seinem verlag mal empfeheln eines der Hefte durch Anzeigen zu unterstützen, so wie die Zss die Verlage durch Rezensionen (keine Gefälligkeiten!) unterstützt haben)

    * durch Mitarbeit



    Und das letze ist der Schlüsselpunkt.



    Es mag ja an der Oberfläche so aussehen, als hätte das Land die Zeitschriften bezahlet, denn sie hat ja (im Falle Wandler) der ewig gestiegehen Druckkosten bezahlt.



    In Wirkllichkeit hat aber die kostenlose Mitarbeit der Redakteure, Akquisiteure, Vertreibler, Layouter, Korrektoren etcetc. (wieder im falle Wandler, anderswo weiss ich nicht was und ob da was fließt) das Heft wirklich getragen.



    Ich hab das immer mal überschlagen und mit einem Putzfrauen-Stundesatz virtuell vergolten, und es kam regelmäßig ein Mehrfaches der Fördermittel dabei raus.



    Literaturzeitschriften sind notwenidig als Teil eines funktionierenden Literatur-Kommunikations-Betreibs.



    Wären sie verkäuflich (was etwas ganz anderes ist, Verkäuflichkeit wird bei Büchern ja auch oft durch teueres Marketing hergestellt), dann müsste es die Fördermittel ja nie gegeben haben.



    Den 'Wandler' soll es weiter geben, man kratzt gerade Geld für eine Not-Nummer mit der Auflage und Optik von 1990 - so wie vor der Förderung - zusammen. Wer helfen will ist willkommen. (Ich vermittle gerne den Kontakt zu dem Projekt, dem ich nicht mehr angehöre.)

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  3. Man kann dem zustimmen: daß ohne Literaturzeitschriften aus manchem Autor nichts geworden wäre. Zumindest wäre der Schreibanfänger um eine wichtige Veröffentlichungsplattform beraubt. Die Literaturzeitschrift ist sozusagen die erste Stufe zur Wortarbeiteröffentlichkeit. Aber sicher ist: es gibt nur ganz wenige ganz gute Zeitschriften. Allmende gehört zu diesen. Aber: solche Zeitschriften sind (wahl)politisch belanglos. Wir wissen ja: es muß gespart werden. Und da trifft es diesen Bereich zuerst. Das war immer so und wird - fürchte ich - immer so bleiben. Wenn beispielsweise der VfB in der Finanzkrise steckte, wäre allemal Geld da. Jede Menge. Aber eine Literaturzeitschrift ist nun mal kein Fußballverein. Was tun? Schwierig, schwierig. OG hat Vorschläge gemacht. Über die muß man nachdenken ...

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  4. Notnummer? Soll es nicht eine Übergangslösung geben? Mal Imre fragen.

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  5. Hallo,

    ich kann nur dazu sagen, dass Lit-Zeitschriften hier im Norden so gut wie nie im Zeitschriftenhandel zu erhalten sind.

    Leider jede Menge über Sport und Autos, und PC, Kochen, Frauen. Naja, noch erlesene Photo Hefte, aber nichts an Literatur.

    Wäre ich nie im Web gewesen, wäre das dann alles an mir vorbeigegangen.

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  6. Oh, im engeren Sinne im Zietschriftenhandel gibt es auch keine der ehemals geförderten Zeitschriften.

    Man kann sie dennoch abonnieren.

    Und wenn man sich in den entsprechenden Zirkeln bewegte oder auch nur in 'gute Buchhandlungen' ging, dann kriegte man durchaus mit, was es so gab. Auch laaange vor dem Web.

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  7. Blöd finde ich ja, daß dieser bittere Witz mit dem "Literatursommer" darin nicht erwähnt wird. Eine Veranstaltung, wovon die Zeitschriften noch ein Weilchen überleben könnten... :-(

    Ich kenne die Lit-Zeitschriften in BaWü leider alle nicht. Vom "Wandler" habe ich mal auf carpe.com was gelesen. Haben die Internetadressen?

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  8. Alle Zeitschriften ausser dem Wandler sind meines wisens offline (Und der W. ist ja so aktuell und lückenlos auch nicht ;) ), das literaturblatt arbeitet nach meinen Infos an einem Onlineauftritt.

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