Mittwoch, 9. Juli 2003

<b>Der Autor als Unternehmer</b>

Der Autor soll aus sich eine Marke erschaffen, mit unverwechselbarem Profil. Es wird Zielgruppendenken gefordert, behauptet, der Leser erwarte von seinem Autor vor allem eins: Beständigkeit. Und so weiter.
Möglicherweise bin ich rückständig genug, um darüber noch staunen und die Frage aufwerfen zu können, ob die eigentliche Arbeit, das Schreiben von Büchern beispielsweise, nicht zwangsläufig darunter leidet, wenn der Schreibende dabei etwa an Zielgruppen denkt und sich vorab schon mit der Frage beschäftigt, ob das überhaupt jemand lesen will.
Ich, hoffnungslos Literaturbetriebsüberaltert, bleibe dennoch stur und störrisch bei der Behauptung (und Vorgehensweise): je weniger ich über einen Gegenstand (oder eine Person) weiß, desto herausfordernder literarischer Anspruch & Arbeit. Denn ich will ja nicht von Anfang an alles wissen, sondern finden, erfinden, will keine Antworten, sondern die richtigen (und wichtigen) Fragen, will aber vor allem eins nicht: an einen Leser denken, schon gar nicht an eine Zielgruppe.
Hoffnungslos veraltet?
Wenn ja: was will Literatur heutzutage überhaupt noch (außer den Erfolg kalkulieren)?

Der Autor als Unternehmer
oder: Ist der Autor ein Unternehmer, der unter anderem (nebenher) schreibt?
In einem Protokoll der VS-Regionalgruppe Neckar-Enz ist nachzulesen, was unter Selbstvermarktung etc. zu verstehen ist. Für mich, der biografisch zum größten Teil aus dem letzten Jahrhundert stammt, werden da dem Autor höchst erstaunliche Aufgaben zugeordnet, um nicht zu sagen: zugemutet. Das reicht von der Empfehlung, sich auf ein bestimmtes Genre zu spezialisieren, bis hin zu dem Vorschlag, ein eigenes Briefpapier mit eigenem Logo zu entwerfen.

10 Kommentare:

  1. Jeder Mensch - und ganz besonders Autoren! - sind Induvidialisten! Das ist gut so und soll auch so bleiben! Gerade im Literaturbetrieb wäre es vermessen, eine für den Autor richtige (?) Schiene vorzugeben.

    Bei den anwesenden AutorInnen an dem erwähnten Abend handelte sich ausschließlich um solche, die biografisch aus dem letzten Jahrhundert stammen. Schreiben können sie Alle, das Schreiben lieben noch viel mehr. Doch ging es hier um die Frage aller Fragen: Wie kann ich vom Schreiben leben? Meiner Meinung nach eine legitime Frage, auf die es auch Antworten gibt, die zwar keine Garantie bedeuten, doch einen Autor in dieser Richtung weiterbringen kann.

    Gibt es denn wirklich Schriftsteller, die aus vollster (!)Überzeugung sagen: "Ich schreibe nur der Literatur wegen. Geld verdienen möchte ich damit keines!"?

    Warum wird in Deutschland Erfolg (auch finanzieller) im Literaturbereich mit mangelnder Qualität gleichgestellt? Warum ist es - anscheinend - nicht legitim, mit der schönsten Beschäftigung der Welt - der Schreiben natürlich! Ein Schelm, wer anderes denkt! - auch seinen Lebensunterhalt zu verdienen?

    Es ist und sei Jedem freigestellt. Es sei jedoch auch von Jedem sein Weg toleriert.

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  2. Es ging gar nicht ums Geld verdienen; die Fragen waren (genau nachlesen) andere. Die Kette "Deutschland - Erfolg - Literaturbereich - mangelnde Qualität habe ich eigentlich nicht knüpfen wollen.

    Ich könnte auch Wondratschek zitieren: "Wer vom Schreiben nicht leben kann, soll's bleiben lassen."

    Ich sage: Bestimmt gibg es Autoren, die nur der Literatur wegen schreiben. Das Geld wird anderswo verdient (Hörfunk, Fernsehen z. B., oder als Nachtportier, Kraftfahrer, Kellner etc.).

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  3. Naja, lieber Hans Zengeler, Du betonst Dein "Antiquiertsein" so kokett, daß man Dir natürlich auch darin widersprechen muß! Deine Haltung hat mit Antiquiertheit doch nichts zu tun (eher mit einem verständlichen Unbehagen in dieser Medien-Kultur).



    Unser Protokoll gibt nur in sehr konzentrierter Form Tips wieder, Tips, die wir gesammelt haben auf sogenannten "Professionalisierungsseminaren" und in unserer Zusammenkunft austauschten. Manchmal hapert es nämlich tatsächlich an den ganz kleinen Dingen. (Ich möchte jetzt die Diskussion zum Thema Geldverdienen mit oder ohne Schreiben nicht weiter vertiefen). All das sind nur Ideen, die weiterhelfen, um sich auf die eine oder andere Weise besser - oder überhaupt einmal (das können wir nämlich meist schlechter als andere KünstlerInnengruppen) darzustellen. Niemand soll gezwungen werden, sich das zu Herzen zu nehmen, schon gar nicht bei Abfassung eines Werks (das führt nämlich bisweilen zu persönlichen Krisen, um das dumme Wort Schreibkrise zu vermeiden, das es nach Dafürhalten mancher KollegInnen auch in unserem Verband ja angeblich gar nicht gibt). Hier kann der erste Blick nämlich gemeinhin nicht dem Markt gehören. Oder wenn, dann sicherlich nicht in der Sparte, in der wir zwei schreiben (ich hoffe, Du nimmst mir die Kumpanei nicht übel...).



    Herzliche Grüße, Martin

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  4. Ach so: und bitte den Schlußsatz nicht als Tiefschlag gegen andere Sparten oder Genres verstehen. Das war neutral gemeint, nur daß man dort manchmal eben doch stärker (s)eine Zielgruppe im Auge behalten muß (oder möchte).

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  5. Sicher, lieber Martin v. Arndt, gehöre ich nicht zu den weltentrücktesten Schreibidealisten (was sich nur Peter Handke leisten kann), und ich stehe dem Protokoll ja nicht nur mit Unverständnis gegenüber, war nur hier und dort erstaunt, was alles um besserer Vermarktung willen beachtet werden solle. Es eröffnete sich mir da ein gewissermaßen satirischer Ausblick auf die Literaturbetriebswirklichkeit der Zukunft. Und da meine ich: na, das kann ja heiter werden. Vielleicht sollte man tatsächlich schnell noch dazu entschließen, Betriebswirtschaft zu studieren. Sei's drum. Am Ende steht mahnend das Therese Giehse-Zitat: "Die Leute verdienen das Beste, aber oft bekommen sie nicht mal etwas Gutes.

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  6. Martin von Arndt10. Juli 2003 um 20:43

    Ich finde, eine solche "Literaturbetriebswirklichkeit" könnte der Vorwand für einen wunderbaren satirischen Roman werden.

    Und mir würde, nach allem, was ich bislang von Dir gelesen habe, niemand Geeigneteres dafür einfallen...

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  7. Ich würde an eine Art Sach-Buch-Satire denken. Ein Anleitungshorrortrip für werdende, gewordene und ins ökonomische Abseits gestellte Autoren, Syd Field für alle: ein Roman hat 180 Seiten und sollte in drei Stunden gelesen werden können. Auf seite 60 und 120 haben die turning-points stattzufinden etc... Dann der Autor als Marke und was für eine ...

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  8. Lieber Hans,



    lass es mich doch so sagen:



    Du bist mit Deiner Sichtweise und deiner Meinung bei unseren Treffen allerherzlichst willkommen.



    Das nächste ist am dritten Dienstag im August (18 oder 19 oder so. Details gern auf Anfrage ;) )



    Gruß



    OG ;)

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