Mittwoch, 12. November 2003

André Heller erhält Tübinger Poetik-Dozentur 2003

Angesichts der Tatsache, daß bereits bedeutende Schriftsteller wie Juan Goytisolo, Amos Oz, Peter Rühmkorf, Günter Grass, Andrzej Szczypiorski oder Aleksandar Tisma dies „Amt” bekleideten, nimmt sich die Ehrung des multimedialen Vollkoffers aus dem Wiener Zirkusbezirk wie eine Verhöhnung der Literatur aus. Zumal eine, die mit reichlich Mitteln der Würth-Stiftung finanziert wird. Vielleicht sollte man dem offensichtlich greisen Reinhold Würth mal sagen, wofür seine Kohle so rausgehauen wird. Denn aus gut unterrichteten Kreisen weiß ich, daß für 2004 bereits Karl Dall und Mike Krüger in den Startlöchern stehen.

Äägentlich bin i a Poet


Wer Brühwürfelberatungen braucht, kann kein guter Mensch sein, dachte ich, als ich dieser Tage durch die schöne und ehrwürdige Universitätsstadt Tübingen schlenderte, die Nase in den Lüftchen, um nach einer roten Wurst zu gehen. Wer Brühwürfelberatungen braucht - und das gibt es in einem Haus in der Tübinger Weststadt - kann wohl keinen Geschmack haben. Und siehe: Tübingen hat auch keinen Geschmack! Zumindest nicht die Universität. Zumindest nicht Professor Jürgen Wertheimer, Germanist von Profession. Und seit neuestem offensichtlich Blödel von Leidenschaft.
Seit 1996 gibt es in Tübingen eine Poetik-Dozentur. Ihr Ziel soll es sein,"möglichst verschiedenartige Stimmen zum Sprechen zu bringen, kulturübergreifende Zusammenhänge zu vermitteln und den Blick auf die europäischen und außereuropäischen Dimensionen von Literatur zu lenken." (O-Ton HP der Tübinger Poetik-Dozentur)
Mit der Wahl von André Heller („Ääääägentlich bin i a Poet”) zum Mr. Poetik 2003 soll wohl eher der Blick auf außerliterarische Dimensionen gelenkt werden. Oder auf die Tatsache aufmerksam gemacht werden, daß die von Wertheimer selbst in seinem letzten Buch aufgedeckten „Strategien der Verdummung” noch nicht weit genug vorangeschritten sind.

1 Kommentar:

  1. Jan Thomas Kühnel12. Dezember 2003 um 19:53

    Schön, dass es noch wahre Schmalspurdenker gibt, dachte ich, allerdings nicht auf dem Weg „nach einer roten Wurst“ - vielmehr unterwegs in den Tiefen des literarischen Weltnetzes.



    Schön, dass Herr von Arndt sich bemüßigt fühlte seine offenbare Abneigung gegen André Heller auf eine wundervoll singuläre und polemisch-platte Weise kundzutun.

    Allerdings: Wenn schon die Meinung mit dem Anstrich einer fundierten Kritik überzogen wird, muss man auf die Kleinigkeiten achten, die diesen Effekt bewirken sollen. Sonst verpuffen allerlei schlau im Internet recherchierten Fakten und übrig bleibt eigentlich nur mehr Beleidigendes für die idealistischen Idioten, die den Kram organisieren.



    Dass André Heller neben seinen multimedialen und Zirkusaktivitäten auch tatsächlich Romane, Erzählungen, Gedichte und Lieder geschrieben hat, scheint Herr von Arndt ebenso wenig zu interessieren, wie die beiden anderen Poetik-Dozenten dieses Jahres (Peter Turrini im Januar; Susan Sontag im Juni). Auch den, immerhin erkannten, Blick über den Tellerrand der sog. ernsten und hohen Literatur missbilligt Herr Arndt. Seltsam nur, das er selbst dies nicht so eng sieht wie seine „HP“ im O-Ton zeigt: „Schriftsteller, Musiker UND Dozent“. Das sind ja gleich drei Wünsche auf einmal…



    Die Niveaupfeife Arndt scheut sich auch nicht, sogleich einen neuen Modebegriff „Mr. Poetik 2003“ zu kreieren– leider muss er jedoch hinsichtlich seiner Wunschkandidaten Krüger und Dall enttäuscht werden. Seine Informationen diesbezüglich scheinen aus den selben gut unterrichteten Kreisen zu stammen, die von reichlichen finanziellen Mitteln schwatzen.



    Bei ihnen, Herr Arndt, zeigen sich die „Strategien der Verdummung“ (übrigens nicht das letzte Buch von J. Wertheimer) in äußerst vorangeschrittenen Stadium, oder der Neid, nicht selbst das „Amt“ des Mr.Poetik 2003 bekleidet zu haben. Hoffentlich hatte wenigstens die rote Wurst Geschmack.



    Betrachten sie diesen Kommentar bitte mit dem selben satirischen Ernst, mit dem der ihrige evtl.verfasst wurde.

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