Freitag, 13. Dezember 2002

Eva Christina Zellers neuer Gedichtband „Stiftsgarten, Tübingen"

Und worum geht es? Um das, worum es bei Lyrik, so sie taugt, fast immer geht: Um Leben und Tod, um die Frage nach dem eigenen Ich, um die Auseinandersetzungen mit den Bildern, die von außen nach innen dringen und mit denen, die vom Inneren in Äußere projiziert werden.
Das Bändchen versammelt die neuren Gedichte und stellt ihnen Gedichtzyklen aus der Vergangenheit an die Seite, die verstreut veröffentlicht waren oder in heute vergriffenen Bänden enthalten sind. Und obwohl der Untertitel des Bandes „Gedichte“ lautet, enthält er auch die „Fluchten“, eine fiktive Biographie in lyrischer Prosa, die den Weg einer Frau nachzeichnet von der muffigen Kindheit als Halbwaise bis zur Befreiung in einer matriarchalischen Urwaldkolonie.
Einen Lebensweg stellt auch der Titelzyklus „Stiftsgarten, Tübingen“ dar: Das Sterben der Eltern, Geburt und Aufwachsen der Kinder finden im Dialog mit einer Natur statt, die sich das lyrische Ich zwar als Ort vorstellt, an dem es geborgen und angenommen ist, während es sich doch ironisch der Distanz bewusst bleibt, die es von den Dingen immer haben wird: „ich bin so frei sagt der neckar/er kann nicht sprechen“. Die Bilder von Eva Christina Zeller haben nichts geheimnisvolles und bleiben fast durchweg zugänglich, erhellen sich in der Folge von Gedicht zu Gedicht, auch weil sich die Motive wiederholen: Der sekundenklopfende Specht, die sprechenden und schreibenden Wasserlinsen. So erschreibt sich die Autorin einen eigenen Bildraum, ohne auf das in Mode geratene Sprachschreddern zurückgreifen zu müssen.


Eva Christina Zeller: „Stiftsgarten, Tübingen” Gedichte. 91 Seiten. Gebunden. Klöpfer und Meyer. 14,80 EUR. ISBN 3-421-05718-4 - bei amazon.de

Der Sekundenschlag des Spechts
Eva Christina Zellers neuer Gedichtband „Stiftsgarten, Tübingen"
Was ist zu erwarten im Schriftstellerhaus Stuttgart bei der Vorstellung eines Gedichtbandes, der „Stiftsgarten, Tübingen“ heißt, wie das neue Buch von Eva Christina Zeller aus ebendiesem Tübingen? Ein gedichteter Stadtführer? Fotokalenderkompatible Abbild-Gedichte?
So sehr der Titel mit den Erwatungen spielt, so wenig erfüllt die Autorin sie. Natürlich finden sich Verweise auf Hegel, Schelling und den ewigen Tübinger: Hölderlin. „Dass es Tübingen und der Stiftsgarten sind, ist eigentlich Zufall.“, betont sie. „Es geht um etwas anderes.“

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