Freitag, 24. Februar 2012
Ronald Euler: zwische schwarz un wiss - Gedichte in der Mundart des Krummen Elsass
Ronald Euler (1966 Saar-Union/Elsass) hat sich in der modernen
Mundartdichtung zwischen Vorarlberg und Luxemburg bereits einen Namen
gemacht. Mit zwische schwarz un wiss legt er nun einen zweiten Gedichtband
vor.
(Rezension: Philipp Beyer. mit Genehmigung des autors)
Es gibt die einen, die mögen es schwarz-weiß. Wie es ist, mit Ecken und Kanten und
klaren Konturen. Mitsamt den dazugehörigen Grautönen. Und dann sind da auch die
anderen, die es farbig haben wollen und runder, gern auch saftig. Ihr Glück werden bei
Ronald Eulers Versen beide Feinschmecker(Innen)-Schulen finden.
Eingangs geht es hart auf hart. Das Buch beginnt äußerst SCHWARZ, nämlich mit einem
Tod. Um deutlich zu sein: Mit dem Tod des Wortes – ich verstehe darunter den Tod der
eigenen Sprache, wie das nunmal der Fall ist im heutigen Elsass-Lothringen. Im lëëre
zimmer / geht ennem de luft üss: Unsere Sprache stirbt! Und s steert nimmànd. Alle
schauen weg, tun als ob nichts wäre. Die drei Affen im Dreieckland: Nichts hören, nichts
sehen, ja nichts sagen. Wir danken dir, Ronald, wenigstens einer, der es sagt. Der sich
empört.
Und von diesem ersten Gedicht nun spannt sich ein weiter Bogen bis hin zum
fünfundzwanzigsten und letzten, am Ende des Buches. Da steht WISS, und diesmal
geht es um den Tod des Vaters, vom Gockelfritz des 2006 erschienenen ersten
Gedichtbands „Versesplittere, Lëwessplittere“. So etwas muss heraus, ein Glück, wenn
man Poet ist und diesen Moment im Leben dank der Poesie überwinden kann. Mit einem
sprachlichen Denkmal.
Bezeichnenderweise befindet sich mitten im Werk, unter GOLD, die Geschichte eines
Mannes, der – schäddel uff / un tümor weg – am Mont-Dore auf Kur ist, dem Goldenen
Berg der Auvergne. Und der tanzt und tanzt und verdànzt sein Leben.
Damit wären wir bei den Farben. Bei dem ZWISCHE. Hier ist viel Platz für die Liebe
(„blau“, gern auch „grün“ unterm Dom der hohen Waldbäume …), für den sànd
vàm vogeselànd (ein heimelig warmes „Rot“), für die kriechende Gefahr („braun“
– nitt meckere / nitt ufffàlle / nitt mückse), für ein anderes Leben schließlich, das
vielleicht „orange“ sein könnte wie manchmal der Himmel überm heimatlichen Eicheltal:
Ohne Wut, ohne Aufregung, ohne 26.4.1986 und ohne geklonte hàmmle.
Zwischen den Gedichten dann auch ein paar Prosastücke. Bricke un Bichere („Brücken
und Bücher“) zum Beispiel: Eine petite histoire alsacienne-lorraine. Für diejenigen, die es
noch nicht verstanden hätten.
Das Ganze gibt es zum Lesen und zum Hören. Buch inklusive CD. Mundart ist schließlich,
für Gedichte machen wir da eine Ausnahme, keine Papier-Sprache. Ronald Eulers Verse
sind mit Sicherheit etwas auch für Baden-Württemberger und sonstige bundesdeutsche
Feinschmecker(Innen), das sie mitführen sollten, wenn sie das nächste Mal über die
Kehler Rheinbrücke fahren.
Ronald Euler: zwische schwarz un wiss - Gedichte in der Mundart des Krummen Elsass
Mit Begleit-CD und Lesehilfe in Hochdeutsch und Französisch,
Zeichnungen von Vincent Vanoli
und einem Nachwort von Claude Vigée
€ 18,-
SALDE-Verlag, Straßburg, 2009
ISBN 2-903850-34-8
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