Dienstag, 29. Januar 2008
Literaturpreis für Egon Schwarz und Hartmut Köhler
Die Landeshauptstadt Stuttgart verleiht den von ihr gestifteten Johann Friedrich von Cotta-Literatur- und Übersetzungspreis 2008 an den Schriftsteller Egon Schwarz aus St. Louis, USA, und an den Übersetzer Hartmut Köhler aus Trier. Der Preis ist mit insgesamt 20 000 Euro dotiert. Die Preisträger erhalten je 10 000 Euro.
Der Cotta-Literatur- und Übersetzungspreises wird alle drei Jahre verliehen. Die Preisverleihung wird am 10. Juni im Rathaus stattfinden.
Bei dem Schriftsteller Egon Schwarz hob die Jury dessen "unbeirrbares Interesse an der deutschsprachigen Literatur hervor. Sein souveräner, die jeweiligen theoretischen Moden ignorierender Humanismus mache ihn zu einem idealen Träger jener Auszeichnung, die den Namen des großen Verlegers des deutschen 19. Jahrhunderts trägt. Mit Schwarz wird zugleich einer der letzten Repräsentanten der Exilliteratur geehrt.
Hartmut Köhler habe bedeutende Übersetzungen aus dem Französischen, Italienischen und Spanischen verfasst, betonte die Jury. Sie würdigte vor allem Köhlers 2001 im Ammann Verlag veröffentlichte imposante Übertragung des monumentalen spanischen Barockromans Criticón von Baltasar Cracián. "Es ist ihm mit hoher Kunstfertigkeit gelungen, dieses wichtige Werk, an dem sich schon manche Übersetzer, unter anderem Schopenhauer, versucht haben, den Lesern in großer Frische und Unterhaltsamkeit vorzustellen, ohne die Komplexität und die Ferne des Textes und die Fülle seiner Schwierigkeiten zu verdecken.
Biographien
Egon Schwarz wurde 1922 in Wien geboren. Die Familie emigrierte 1938 nach Bolivien, 1944 nach Chile, 1945 nach Ecuador und 1949 in die USA. Nach den Entbehrungen des Exils in Südamerika, die er in seiner bedeutenden Autobiographie Keine Zeit für Eichendorff. Chronik unfreiwilliger Wanderjahre geschildert hat, studierte Schwarz von 1949 bis 1954 deutsche und romanische Philologie. Er war zunächst Professor an der Harvard University und der Washington University sowie Gastprofessor an verschiedenen Universitäten in Amerika, Europa und Neuseeland.
Von 1961 bis zu seiner Emeritierung war er als Professor für deutsche Literatur an der Washington University in St. Louis/Ohio tätig. Zahlreiche Publikationen zur spanischen, deutschen und österreichischen Literatur und Kultur, vor allem zur deutschsprachigen Literatur des 19. und
20. Jahrhunderts und der Exilliteratur liegen von ihm vor.
Egon Schwarz ist einer der wichtigsten Vermittler deutscher Kultur in den Vereinigten Staaten. Seine Arbeiten zur österreichischen, deutschen und jüdischen Literatur hat Schwarz im Titel eines seiner Bücher unter den Satz Lessings gestellt: "Ich bin kein Freund von allgemeinen Urteilen über ganze Völker."
In deutscher Sprache ist unter anderem erschienen: Das verschluckte Schluchzen Poesie und Politik bei Rainer Maria Rilke (1972); Keine Zeit für Eichendorff. Chronik unfreiwilliger Wanderjahre (1979); Ich bin kein Freund allgemeiner Urteile über ganze Völker Essays über österreichische, deutsche und jüdische Kultur (Hrsg. von D. Goltschnigg und H. Steinecke, 2000); Die japanische Mauer. Ungewöhnliche Reisegeschichten (2002).
Hartmut Köhler wurde 1940 in Kleinmachnow bei Berlin geboren. Er studierte Romanistik, Altphilologie und Philosophie. Danach hatte er Lehrstühle an den Universitäten Freiburg, Jena, Aachen und Dijon inne. Derzeit lehrt er romanistische Literaturwissenschaft an der Universität Trier. Seine hauptsächlichen Arbeitsgebiete sind Dante und Romain Rolland. Köhler ist Mitglied im Vorstand der Deutschen Dante-Gesellschaft und seit kurzem Präsident der Gesellschaft der Freunde Romain Rollands in Deutschland e.V.
Von Köhler sind Publikationen zu Paul Valéry und zahlreichen anderen Autoren erschienen. Vor allem aber übersetzte er französische, italienische und spanische Lyrik. Für "Die Cahiers/Hefte von Paul Valéry" (6 Bände. S. Fischer, 1989) erhielt er 1990 zusammen mit dem Übersetzerteam den Paul-Celan-Übersetzerpreis des Deutschen Literaturfonds.
Unter anderem veröffentlichte er bei Reclam Übersetzungen von Molières Schauspielen "Le Tartuffe ou l'Imposteur" und "Le Misanthrope", sowie des anonym erschienenen "Lazarillo de Tormes". 2008 wird bei Reclam von Pedro Calderón "Das Leben ist Traum" erscheinen. Das Hörbuch Luis Vélez de Guevara "Der hinkende Teufel" erschien 2005 im Sinus-Verlag. Dort veröffentlicht er 2008 auch Pedro de Alarcón "La Comendadora" und andere Erzählungen.
Die bisherigen Preisträgerinnen und Preisträger
1978
Schriftsteller: Dr. Werner Dürrson
Schriftsteller: Roland Lang
Übersetzer: Fritz Vogelgsang
1980
Schriftstellerin: Irmela Brender
Schriftstellerin: Margarete Hannsmann
Übersetzer: Otto Bayer
1982
Schriftstellerin: Friederike Roth
Schriftsteller: Franz Mechsner
Übersetzerin: Ragni Maria Seidl-Gschwend
1984
Schriftsteller: Otto Jägersberg
Schriftsteller: Dr. Jochen Kelter
Übersetzer: Hans Hermann
1986
Schriftsteller: Walter Helmut Fritz
Schriftsteller: Dr. Christoph Lippelt
Übersetzerin: Elke Weh
1988
Schriftsteller: Ludwig Greve
Schriftsteller: Hanns-Josef Ortheil
Übersetzerin: Maria Csollán
1990
Schriftstellerin: Zsuzsanna Gahse
Schriftsteller: Johannes Poethen
Übersetzerin: Rosemarie Tietze
1992
Schriftstellerin: Tina Stroheker
Schriftsteller: Rolf Vollmann
Übersetzerin: Helga Pfetsch
1994
Schriftsteller: Albrecht Goes
Schriftsteller: Reinhard Gröper
Übersetzerin: Barbara Henninges
1996
Schriftstellerin: Maria Beig
Übersetzer: Willi Zurbrüggen
1998
Schriftsteller: Dr. phil Hermann Kinder
Übersetzerin: Hildegard Grosche
2000
Schriftsteller: Peter O. Chotjewitz
Übersetzer: Nikolaus Stingl
2002
Schriftsteller: Dr. Jürgen Lodemann
Übersetzer: Dr. Ralph Dutli
2005
Schriftstellerin: Dr. Petra Morsbach
Übersetzer: Michael Walter
Weitere Informationen unter www.stuttgart.de/kulturpreise.
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